Predigt zum Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lukas 12)

Was soll ich sagen: Ich hatte schon immer Probleme mit diesen Text zu Erntedank. Man ist eigentlich nur hier, um einfach mal Danke zu sagen, und dann kriegt man ein Gleichnis erzählt, das auf mit dem Satz endet: Du Narr, heute nacht wird man deine Seele von dir fordern, und wem gehört dann, was du gesammelt hast?

Ja, Danke auch, so genau wollten wir das nicht wissen, schönen Totensonntag oder was?

Was macht der Bauer denn falsch?

Müsste man nicht lieber die Geschichte von Josef erzählen, der die Träume vom Pharao in Ägypten deutet? Und in den sieben fetten Jahren Vorratshäuser baut, damit man in den mageren Jahren nicht verhungert? Hat Gott ihm nicht diese Weisheit gegeben, und hat so nicht zuletzt auch seine eigene Familie überlebt, als die Dürre kam?

Und wurde in unzähligen Predigten dann nicht immer darauf abgehoben, dass ja nicht die Vorratshaltung das Problem sei, sondern die Selbstzufriedenheit des Bauern, „nun liebe Seele habe Ruh“ – aber ist das nicht auch ganz furchtbar ungerecht? Darf man, wenn man nicht nur gut geerntet, sonder auch gut vorgesorgt hat, nicht einmal zufrieden sein? Nicht wenigstens an Erntedank? Ist es nicht für uns alle so, dass wenn wir wirklich richtig hart gearbeitet haben, und etwas fertiggebracht haben, auch einmal zufrieden sein dürfen? Nach der Ernte? Beim Richtfest oder Dichtfest? Nach dem wir was gebaut oder konstruiert haben, einen Umzug geschafft, eine Prüfung bestanden, die Diplomarbeit abgegeben oder den Führerschein bestanden haben? Wenn uns ein schöner Gottesdienst gelingt? Nun, liebe Seele habe Ruh – das ist wichtig, die Seele nach Stressphasen auch zur Ruhe kommen zu lassen, sonst brennen wir aus. Wenn Gott die Seele von jedem Pastor gefordert hätte, der in seiner Erntedankpredigt über Selbstzufriedenheit gewettert hat, und sich dann mittags glücklich über seinen gelungenen Gottesdienst mit der wuchtigen Predigt selbstzufrieden ein Bier aufgemacht hat – unser Berufsstand wäre wohl fast ausgestorben. Das Gegenteil ist doch richtig: Aus der Zufriedenheit, aus der Muße kann doch auch Dank erwachsen, es besteht überhaupt kein Widerspruch zwischen Selbstzufriedenheit und Dank.

Und: Warum, warum wird ausgerechnet Erntedank überhaupt ein Bauern als schlechtes Beispiel in den Mittelpunkt gestellt? Ist das nicht schon im Kern extrem undankbar? Ist Erntedank nicht auch die Gelegenheit, auch den Bauern mal Danke zu sagen? Dass sie uns alle ernähren, dass sie mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass wir im Supermarkt-Regal zwischen hundert verschiedenen Brot, Keks- und Kuchensorten wählen dürfen? Und am Anfang war das alles mal ein Korn in einer Ähre an einem Halm, der auf einem Acker gestanden hat?

Danke, liebe Bauern, dass ihr die Grundlage unseres Überlebens sichert. Denn auch wenn heute viele darauf achten müssen, nicht zuviele Kalorien in sich reinzuschaufeln: Ohne Kalorien stirbt ein Mensch. Wir vergessen das leicht, aber noch einem meiner letzten Beerdigungsgespräche erzählten mir Leute, wie die kleine Schwester auf der Flucht verhungert ist.

Also: Wir können dankbar sein, dass wir eine funktionierende Landwirtschaft haben, gut Regiment und Marktwirtschaft, dass wir Kalorien im Überfluss haben. Im Überfluss. Danke.

Tja. Und was machen wir jetzt mit diesem Jesus und seinem Gleichnis?

Jesus war ja selber vom Dorf, und klar, er hat selber nie Vorräte gesammelt und hat immer mehr so von der Hand in den Mund gelebt.

Er rechnete auch jeden Tag damit, dass die Welt endet, wenigstens für ihn. Er war nicht auf die Welt gekommen um reich, satt und fett zu werden, sondern um zu dienen, zu leiden und zu sterben.

Also WENN einer das Recht hat, uns zufriedene und satte Menschen kritisch zu hinterfragen, dann er. Auch wenn es nervt.

Aber was will er uns eigentlich sagen?

Er hat nichts gegen Bauern, das scheint mir sicher.

Er hat auch nichts gegen Vorräte, auch wenn er selber das anders handhabt.

Er hat glaube ich auch nichts gegen Zufriedenheit, wenn man etwas geschafft hat, ich vermute, er kannt die auch, nach der Bergpredigt oder der Speisung der 5000.

Vielleicht will er uns nur daran erinnern: Auch wenn ich selber was geschafft habe und bannig stolz bin – ich darf mich daran erinnern, wem ich das alles verdanke.

Ich habe mich nicht selbst erschaffen. Ich habe meine Kraft, meine Gaben und Fähigkeiten, mein Geschick und meinen Grips nicht mir selbst gegeben. Vielleicht habe ich einiges getan um das zu üben und zu trainieren, vielleicht habe ich auch mit Mut und Fleiß das alles eingesetzt wo andere faul und ängstlich waren.

Aber am Ende habe ich mein Leben nicht in der Hand, nicht meine Gesundheit, nicht meine Kraft und Ausbildung. Alles ist Gnade. Und alles, was ich damit in die Hand nehme auch. Jedes Sandkorn dieser Erde ist uns geschenkt. Jeder Same, jeder Dung, jeder Sonnenstrahl und jeder Regentropfen.

Wir leben ganz aus der Gnade Gottes.

So wird doch etwas von Erntedank sichtbar.

Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.

Zufriedenheit am Ende der Ernte ist gut. Aber raffe nicht. Alles meins!

Nein, alles geliehen, alles geschenkt.

Und manchmal reichlich! Überreichlich!

Man kann es kaum fassen!

Also ja, baue eine Scheune damit nichts verdirbt.

Aber mache die Tür nicht zu fest zu, das Schloss davor nicht zu groß, 

weil es nicht wirklich alles deins ist.

Und was für Scheunen gilt, gilt auch für Bankkonten und Portmonees, 

das gilt auch für Häuser und Wohnungen, 

Das gilt für Aktiendepots und Firmengewinne.

Wenn du fleißig warst und geschickt, wenn du die Chance hattest zu studieren, oder in der Gunst des Augenblicks die richtige Entscheidung getroffen hast: Freu dich, sei dankbar und zufrieden.

Aber blicke nicht auf andere herab, denen das nicht vergönnt war.

Halte nicht krampfhaft fest, was dir irgendwann sowieso aus der Hand genommen wird.

Mach was draus. 

Lass andere satt werden, 

lass andere Chancen erhalten, 

lass andere ein Studium schaffen.

Nichts was du hast, gehört dir allein und für immer.

Es kommt immer von Gott, und vielleicht hat der Pläne.

In denen du offenbar vorkommst, wenn er dich so reichlich gesegnet hat.

Vielleicht muss man Erntedank zu dieser Geschichte nicht nur Josef erzählen, sondern auch das Gleichnis von den anvertrauten Talenten. Alles was du hast, ist gratis, aber nichts ist umsonst, im Sinne von vergeblich:

Segen wird mehr, wenn man ihn teilt. Und damit kommt auch mehr Glück und Zufriedenheit in die Welt.

Und Dankbarkeit.

Amen.

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