Die CSU macht ordentlich Lärm. Sie will die konservativen, heimatliebenden Kräfte der Republik beheimaten und damit ihre Stammwählerschaft gegen die AfD verteidigen, die aggressiv versucht, genau die Felder konservativer Kernkompetenz zu besetzen: Heimatliebe, Sicherheit, Familie, Tradition.
All das sehen viele Menschen bedroht durch die starken Migrationsbewegungen, vor allem durch einen zunehmend aggressiv auftretenden Islam (zum lähmenden Entsetzen vieler Muslime übrigens), aber auch durch liberale Sexualerziehung, Feminismus, Gendermainstreaming oder Multikulti.
Menschen, die eine Liebe zu traditionellen Werten haben, und die die jüngsten Entwicklungen kritisch sehen, eine politische Heimat zu geben, ist eine durch und durch demokratische Tugend, für die man die CSU nicht mit Häme und Nazivergleichen überschütten sollte.
Denn wenn es etwas braucht in unserer Republik, dann einen friedlichen und demokratischen Diskurs mit den Konservativen. Über ihre Werte, über ihre Ängste, über legitime Kritik an politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Gerade das ist mit den Wutbürgern von Pegida und AfD nicht möglich (es wurde ja versucht).
Also erstmal: Danke CSU. Und dann aber auch gleich zur Sache. Dass ihr konservative Politik neu formuliert ist aller Ehren wert, aber ich muss sie deshalb ja nicht gleich inhaltlich toll finden. Beispielhaft nehme ich mir das Bild vor, dass ihr auf eurer Seite vom Grundsatzprogramm von eurem Lieblingsdeutschland malt.
Es ist ein Idyll, ziemlich kitischig gemalt übrigens. Das als solches ist schon ein paar Rückfragen wert: Blendet ein Idyll nicht zu viel Dunkles aus? Wissen wir nicht aus schlimmer Erfahrung dass hinter einer idyllischen Fassade oft ein Grauen lauert, das namenlos ist (bzw. mit Namen wie Fritzl, Prikopil oder Dutroux verbunden ist). Ein Heile-Welt Bild zu malen hat für mich den Verdacht einer Illusion.
Aber lassen wir uns mal darauf ein. Natürlich gibt es solche Szenen auch wirklich, eine Familie im Sonnenschein vor der herrlichen Bergwelt. Ich gebe zu: Wir haben als Familie (Vater, Mutter, drei Kinder) auch für den Sommer Bayern gebucht. Sogar mit Ponys! Ich bin also der letzte, der Verachtung hätte für Familienleben, Bergwelt, Sonnenschein.
Und genau deshalb stört mich der Hubschrauber. Er stört das Idyll. Machen Sie mal in Gedanken den Sound an bei diesem Bild. Von der Größenperspektive her ist der Hubschrauber sehr tief und sehr nah. Ein Höllenlärm. Die Kinder würden sich die Ohren zuhalten, die Mutter wäre besorgt, der Vater sich genervt umdrehen. Idyll kaputt.
Und wisst ihr was, liebe CSU? Dieses Idyll haben nicht die bösen muslimischen Immigranten kaputtgemacht, nicht die schwulen Hauptstadtbewohner und auch keine feministische Genderstudien Professx*. Sondern ihr selber, mit eurem Sicherheitsfetisch.
Ihr sagt: Nur ein starker Staat kann unsere heile Welt schützen. Deshalb muss er überall präsent sein, muss überwachen was wir tun, sagen und schreiben, muss schießen um zu töten, muss Grenzen sichern, Ausländer abschieben und uns vorschreiben, wie wir leben und wen wir zu lieben haben. Selbst Wanderwege in der Bergeinsamkeit brauchen Polizeihubschrauber-Überwachung.
Ich bin wirklich unheilbar Hetero, und mein Lebensentwurf mit Frau und drei Kindern ist genau das, was ich mit erträumt habe. Ich brauche keine Vorschriften dazu, um so zu leben, und ja: ich mag es auch nicht, wenn so ein Entwurf als spießig diffamiert wird, oder wenn ich von Konfirmanden rede statt von Konfirmandx* gleich ein Nazi sein soll.
Aber so wenig ich mir von Linken vorschreiben lassen will, wie ich zu leben und was ich zu sagen und zu schreiben habe, genauso wenig möchte ich in meinem Alpenurlaub von bayrischen Polizeihubschraubern belästigt werden, die vorgeblich doch nur zu meiner Sicherheit in der Luft sind.
In den Herbstferien war ich übrigens nicht in den Alpen, sondern in Berlin. Und ich war im Görlitzer Park, ja genau dem berüchtigten Görli, dem rechtsfreien Raum, dem Alptraum aller Henkels, Seehofers und Scheuers. Und ich habe mich sicher gefühlt, obwohl Berlin ja angeblich vor der Kriminalität kapituliert hat.
Und wisst ihr, was die Berliner sagen: Ja, die Dealer sind wieder da, aber ehrlich: die Polizei war nerviger. Endlich kann man wieder in den Görli gehen ohne angehalten zu werden. Die Dealer jedenfalls wollten noch nie von mir den Personalausweis sehen. Und so waren die Dealer wieder da, die Kinder spielten auf den Spielplätzen und es war tatsächlich fast so etwas wie ein Idyll.
Natürlich brauchen wir auch Sicherheit, einen Staat der uns schützt vor denen, die Böses aushecken, der Anschläge radikaler Islamisten vereitelt, der rechten Terror verhindert und dessen Taten zügig und zweifelsfrei aufklärt. Wir brauchen aber auch Freiheit, Luft zum Atmen, Wanderwege ohne Polizeihubschrauber. Einen Staat der uns zutraut, unser Glück zu finden, ohne dass er uns vorschreibt wie und wo.
Dankeschön, Heidelbaer