Menschenvergrämung

Merkels Flüchtlingspolitik gerät in die Defensive. Das hat Gründe. Vor allem fehlt es an Solidarität. An europäischer Solidarität, in der die Staaten auch Angst vor den Ressentiments ihrer eigenen Landsleute keiner Aufnahme von Flüchtlingen zustimmen wollen. Stattdessen wird eine Politik der „Flüchtlings-Vergrämung“ betrieben. Statt einheitliche Standards einzuführen, beginnt ein Wettlauf: wer die schlechtesten Bedingungen für die Menschen bietet, wird am Ende die wenigsten Asylsuchenden zu beherbergen, bearbeiten und aufzunehmen haben.

Diese Logik ist einfach, sie funktioniert blendend, wenn man sieht, wie Flüchtende immer weiter reisen, obwohl sie schon vermeintlich sicheren Boden unter den Füßen haben. Jeder wird diese Menschen verstehen: Ihre Hoffnung auf Rückkehr schwindet zusehends, weil der Krieg schon allein deshalb nicht enden kann, wenn immer vor dem Triumph der einen Seite die andere unverhofft Unterstützung erhält. Also suchen sie jetzt das Land mit der besten Bleibeperspektive.

Deshalb sind Fragen wie Arbeitserlaubnis, Familiennachzug, Arbeitsmarktdaten, Karrierechancen, Wohnsituation usw. plötzlich ganz wichtige Faktoren. Dänemark und Ungarn haben sich bemüht, gleich klarzustellen, dass ihre Länder keine guten Adressen sind, und haben das sogar in den Herkunfts- und Transitländern in Zeitungen inseriert. Kein Wunder, dass die Menschen diese Länder umgehen, oder um jeden Preis versuchen, sie nur als Transitland zu durchqueren, so schnell es geht.

Damit wurde aber der Druck auf Deutschland erheblich gesteigert. Und damit geht die Frage weiter an die innere Solidarität. In der Bevölkerung war diese Solidarität anfangs sehr groß, und ist in weiten Teilen ungebrochen. Aber in der Regierung war das nicht so, die alten Männer um Merkel sahen ihre Chance, der Kanzlerin in die Suppe zu spucken. Seehofer, de Maizière auch Schäuble zeigten Distanz zur von der Kanzlerin formulierten nationalen Aufgabe.

Man wird den Verdacht nicht los, hier wollen sich welche an der erfolgreichen Frau an der Spitze rächen, Männer, die so gern Kanzler geworden wären, und nun von ihr eine Aufgabe zugewiesen bekamen, die ihnen womöglich Probleme und schlechte Umfragewerte bescheren würde. Und statt ihre Hausaufgaben zu machen, proben die ergrauten Halbstarken die Revolte. Als Volkstribunen diffuser Ängste, Besorgnisse und deutscher Kleinherzigkeit.

Nun soll also Deutschland mitmachen, beim Wettbewerb der Menschenvergrämung. Hier ist nicht gut sein, hier ist nicht gut bleiben! Das soll ausgerechnet jenen zugerufen werden, die alles verloren haben, die um ihr nacktes Leben laufen, die verrückt vor Sorge werden um ihre Familien, ihre Lieben. Sie sollen jetzt interniert werden (Transitzonen oder Zuwanderungszentren), sie sollen Geldleistungen gekürzt bekommen, von Schnellgerichten abgeschoben werden können und den Familiennachzug bis auf weiteres suspendiert bekommen.

Abgesehen davon, ob ein paRuzyně,_přistávací_dráha_31,_plotyar Prozent für die AfD das wirklich wert sind, abgesehen davon, dass es Deutschlands, des mit erfolgreichsten, leistungsfähigsten und reichsten Landes der Welt unwürdig ist, abgesehen davon, dass unsere Geschichte und unser Grundgesetz uns etwas anderes lehrt, und abgesehen davon, dass Menschen keine Schädlinge sind, die man wie Tauben, Maulwürfe oder Marder einfach vergrämen kann.

Abgesehen davon sollte eine Frage erlaubt sein: Wo sollen die denn sonst hin?

Heidelbaer


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