Predigt zum Sonntag Reminiscere 2020
Friede mit Gott
1 Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. 2 Durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit, die Gott geben wird. 3 Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, 4 Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, 5 Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.
Liebe Gemeinde
Ich liebe den Römerbrief und ich liebe dieses 5. Kapitel.
Wir HABEN Frieden mit Gott. Wenn wir Gott vertrauen, wenn wir Jesus annehmen als unseren Heiland, dann HABEN wir Frieden mit Gott.
Und wer mit Gott im Frieden lebt, dem geht’s gut. Der hat Hoffnung. Und dem geht’s gut, auch wenn es ihm nicht gut geht. Denn er hat Hoffnung.
Hoffnung lässt nicht zuschanden werden.
Ihr Lieben,
Paulus rühmt sich der Bedrängisse, und er weiß genau wovon er redet. Man hat ihn verfolgt und gejagt, eingesperrt und mehrfach versucht ihn umzubringen.
Christen wurden damals ausgelacht und ausgegrenzt, sie wurden von den Römern und Griechen als Spinner betrachtet, die irgendeinen orientalischen Quatsch glauben, und von den Juden als Abtrünnige aus der Synagoge geworfen, das war echt keine einfache Zeit.
Dagegen geht es uns noch gut. Aber man hat das Gefühl auch unsere Zeit ist nicht mehr ganz so einfach wie sie mal war.
Die Angst ist zurück.
Manche haben Angst vor Corona, andere haben Angst vor Flüchtlingen und immer mehr haben Angst von den Nazis.
Und keine Angst ist ganz und gar unberechtigt. Corona ist eine gefährliche Infektionskrankheit, sie ist längst nicht so ein Killervirus wie Ebola, aber auch kein grippaler Infekt.
Menschen sterben daran, und es gibt keine Impfung und auch noch kein Medikament, man kann nur auf sein eigenes Immunsystem hoffen, dass es den Kampf gegen das Virus gewinnt.
Diese Chancen stehen immerhin nicht schlecht. Paulus spricht von Bedrängnissen, die wir mit Geduld, Bewährung und Hoffnung zu etwas Gutem machen können.
Ich glaube auch, dass wir für die Corona-Epedemie und für unser eigenes Immunsystem diese Tugenden brauchen. Geduld statt Panik, bewährte Methoden statt wilde Experimente, Hoffnung dass wir das hier überstehen werden.
Die Flüchtlingskrise ist auch wieder da, und je mehr man heute sieht, wie es hätte aussehen können, hätte man 2015 die Grenzen dicht gemacht, ist man im Nachhinein vielleicht doch froh, dass man damals das Risiko eingegangen ist, diese Leute ins Land zu lassen, statt sie ertrinken, erfrieren zu lassen oder gar an den Grenzen zu erschießen.
Die Entscheidung damals von Merkel war nicht alternativlos, aber heute sehen wir, wie diese Alternative aussieht. Und dennoch wissen wir: Flüchtlinge aufzunehmen ist eine große Aufgabe, da braucht es viel Geld, viel Zeit, viele Menschen und viel Geduld für.
Und es kommen nicht nur Nette. Es kommen nicht nur Qualifizierte und Motivierte. Es kommen auch Böse, Gemeine, Faule und Fiese, es kommen auch Traumatisierte, Verletzte und Behinderte.
Wir rühmen uns der Bedrängnis, weil sie Geduld bringt schreibt Paulus, und manche werden in das Gebet einstimmen: Oh ja Herr, gib mir Geduld, aber bitte schnell.
Aber Geduld bringt Bewährung. Wir haben in der letzten Flüchtlingskrise viele Erfahrungen gesammelt und können nun auf Bewährtes vertrauen, dass wir nicht alle Fehler noch einmal machen müssen.
Und Bewährung bringt Hoffnung: Es wird diesmal besser laufen. Und Hoffnung ist das beste Mittel gegen die Angst.
Und gegen die Nazis, die mit dieser Angst Politik machen. Wir hier haben nicht wirklich Angst vor Nazis, wir reden von einer rechtspopulistischen Strömung, einer Welle, die hoffentlich bald wieder abebbt und hey, hat die AfD in Hamburg nicht sogar Stimmen verloren?
Aber wir sind ja auch weiß, christlich und leben in der norddeutschen Provinz.
Anderen geht es anders.
Andere bekommen richtig Angst. Sie haben eine andere Hautfarbe, die jeder auf den ersten Blick sieht. Eine Religion, bei der sie in Synagogen oder Moscheen gehen, die Ziele mörderischer Angriffe wurden. Sie haben eine andere sexuelle Identität oder Orientierung, die manche einfach ausrotten wollen.
Diese Menschen haben Angst, weil sie körperlich bedroht werden, weil sie eingeschüchtert werden, weil sie selber oft sogar schon Gewalt erlebt haben.
Die erleben echte Bedrängnisse.
Denen macht das was aus, wenn in Thüringen damit rumgespielt wird, ob man nicht doch ein paar Nazi-Stimmen abgreifen kann, um an die Macht zu kommen.
Denen tut es weh, denn sie fühlen sich nach wie vor verletzlich. Bin ich nur auf Bewährung hier? Bin ich gerade noch toleriert oder schon akzeptiert?
Geduld, Bewährung, Hoffnung? Dafür braucht es auch eine Gemeinschaft. Die Gemeinschaft mit Gott, denn sie trägt. Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Fragt Paulus später.
Wenn ich Hoffnung auf EWIGES Leben habe, warum habe ich überhaupt Angst um mein hiesiges?
Wenn Gott mir ALLES gegeben hat, warum habe ich Angst ein bisschen etwas zu verlieren?
Wenn Jesus mich über alles liebt, warum kränkt es mich überhaupt, wenn jemand mit mir nicht klarkommt, mich hässlich findet oder doof?
Paulus jetzt alles in eine neue Relation, in eine neue Beziehung, in eine Beziehung zu Gott. Und das relativiert einfach vieles, was uns hier Angst macht.
Aber auch eine andere Beziehung ist ihm wichtig: Die Beziehung untereinander. Gemeinschaft, Liebe, Solidarität: Lasst die Kranken nicht allein, auch wenn sie ansteckend sind. Lasst die Flüchtlinge nicht allein, auch wenn es Mühe macht und Rückschläge zu verkraften sind. Lasst die Minderheiten nicht allein, wenn Nazis mal wieder laut sind.
Denn Geduld, Bewährung Hoffnung: Das ist leicht gesagt, aber schwer zu leben, wenn man allein ist.
Aber wir sind nicht allein.
Wir haben Gott auf unserer Seite, Jesus als unseren Bruder und eine Gemeinschaft von Christen, die hier in Großsolt mit dem Menschen neben dir in der Kirche anfängt und die ganze Welt umspannt
Amen.